Wormser Zeitung 04.01.2014
„Vor Abriss auf Fledermäuse kontrollieren“
Dass erst während des Abrisses untersucht werden soll, ob in den alten Ziegeleigebäuden Fledermäuse hausen, kritisiert Kurt Lauer, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen.
Archivfoto: photoagenten / Ben Pakalski
Von Susanne Müller
BAUGEBIET WEI 7 Grüner Fraktionsvorsitzender lenkt Blick auf Ziegelei-Gebäude / Erfolgter Rückschnitt bleibt umstritten
WEINSHEIM - „Die Vorgehensweise der Verwaltung und des Umweltamtes ist einmal mehr ein ausgewachsener Skandal.“ Harsche Worte findet Kurt Lauer, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, nachdem ihm die Antwort der Verwaltung auf seine Anfrage zur vorangegangenen Stadtratssitzung zugegangen ist. Er hatte wissen wollen, ob „Rodungen“ auf der Fläche des Baugebiets „WEI 7“ genehmigt gewesen seien, ob Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde die Arbeiten begutachtet, das Gelände betreten hätten, ob es Auflagen und Untersuchungen gibt, ob in der ehemaligen Ziegelei Fledermäuse leben.
Denn diese Ziegelei soll abgerissen werden. Dr. Michael Zahn, Geschäftsführer der Firma Profecto, die das Gelände erschließen will, war vor Ort und hatte dort – wie er sagt – Rückschnitte vorgenommen. Damit der Zuweg frei wird für die Abrissarbeiten, die „demnächst“ erfolgen sollen, wie er im vergangenen November gegenüber der WZ erklärte.
Die Stadt bescheinigt Dr. Zahn nun in der Beantwortung der Anfrage Lauers, dass „für den Rückschnitt von Gehölzaufwuchs auf der bestehenden Zuwegung sowie an und um die alte Ziegelei keine naturschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist“. Daher könne dies behördlich auch nicht untersagt werden. Bäume seien nicht gefällt worden, „lediglich der Zeitpunkt der Maßnahme ist im Hinblick auf den Artenschutz zu beachten“. Das will Lauer so nicht gelten lassen und bezichtigt die Stadtverwaltung, hier „verharmlosend“ von einem Heckenrückschnitt zu sprechen. „Aber von uns gemachte Bilder zeigen die Rodung mit schwerem Gerät, einem Radlader. Es wurde Erde abgetragen und aufgehäuft sowie nicht nur Hecken, sondern auch junge Bäume beseitigt.“
„Kontrolle ohne Zutritt“
Die von Anwohnern herbeigerufenen Mitarbeiter des Umweltamtes hätten nur über den Zaun geschaut, da kein Zutritt bestand. „Eine wirkliche Bestandsaufnahme der durchgeführten Rodungsarbeiten in seiner Gesamtheit fand nicht statt. Das erinnert fatal an die Erstellung des Fachbeitrages Naturschutz. Auch hier hatte der Gutachter keinen Zutritt zum Wäldchen und konnte deshalb nur über den Zaun schauen, um eine Bewertung über vorhandene Arten abzugeben.“
In der alten Ziegelei und den weiteren Gebäuden werden Fledermäuse vermutet, führt Lauer weiter aus. „Dennoch sollen die Gebäude in diesem Winter abgerissen werden, ohne dass eine Untersuchung in den Gebäuden selbst stattfand.“ Die Stadt antwortet Lauer darauf, dass der Abriss des Gebäudes bis 28. Februar durchzuführen sei. „Der Abriss des Gebäudes ist von einem qualifizierten Fachmann artenschutzrechtlich zu überwachen und zu dokumentieren, inwieweit durch den Abriss die Verbotstatbestände des Bundesnaturschutzgesetzes zutreffen und welche Maßnahmen geeignet sind, die artenschutzrechtlichen Konflikte zu überwinden.“ Die Maßnahmen seien im Vorfeld mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) abzustimmen. Eine Abstimmung mit der UNB zur Kontrolle des Gebäudes auf Fledermauspopulationen habe bisher noch nicht stattgefunden.
Ein Termin zum Abriss des Gebäudes sei nicht bekannt. Die Behörde gehe aber davon aus, dass der Investor einen Fachmann bestimmt, „der mit der UNB im Vorfeld eine Abstimmung herbeiführen wird“.
„Sollten im Rahmen der Kontrollen durch einen Fachmann während der Abrissarbeiten Fledermäuse im Gebäude gefunden werden, so ist der Abriss ohne eine Ausnahmegenehmigung, eine Befreiung oder auch eine zeitliche Verschiebung nicht möglich“, so die Stadt.
Diese Untersuchung soll während des Abrisses erfolgen, um erst dann geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, hält Lauer dazu fest. Wenn es aber im Gebäude tatsächlich Fledermäuse geben sollte, würden ihr Winterquartier zerstört, die Tiere aus ihrer Winterruhe aufgescheucht, und trotz fachlicher Begleitung nicht alle Fledermäuse überleben.
Auf meine letzte Frage, wie denn in Worms der Arten- und Biotopschutz bewertet wird, antwortete die Verwaltung, diese würde in Worms sehr hoch bewertet“, so Lauer: „Das erscheint mir bei einer solchen Vorgehensweise als nicht glaubwürdig.“
- STREIT UM FOTOS VON EIDECHSEN
Am 6. Oktober 2010 haben wir an dieser Stelle über das Bauprojekt am Weinsheimer See und die Bedenken von Naturschützern berichtet. Es ging im Artikel auch darum, wo die Fotos von angeblich auf dem Gelände lebenden Eidechsen entstanden seien. Ein zu dieser Frage vor dem Oberlandesgericht Koblenz geführter Rechtsstreit wurde nun mit einem Vergleich beendet: Der Geschäftsführer der mit dem Projekt befassten GmbH erklärt darin, er habe zu keinem Zeitpunkt behaupten wollen, die Eidechsenfotos seien nicht auf einer unmittelbar an das Bebauungsgebiet grenzenden Mauer, sondern an einem anderen Ort gemacht worden.
(Quelle: Wormser Zeitung)