WO! 01/2011
Zank-Apfel WEI 7
Soll eine Bebauung am Weinsheimer See
gegen alle Bedenken durchgesetzt werden?
Von Frank Fischer, Foto: privat
Nach einer großen Debatte im Wormser Stadtrat wurde Ende Juni 2010 für den Bebauungsplanentwurf „WEI 7“ am Weinsheimer See gestimmt. „Weil wir damit eine Baubrache beseitigen wollen“, sagen die Befürworter aus den Reihen von SPD und CDU. „Des schnöden Mammons wegen soll ein Stück schützenswerte Natur mit seltenen Tierarten zerstört werden“, sagen die Gegner einer Bebauung. Das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen zu sein, immerhin haben sich in den letzten Jahren schon einige Gerichte und Behörden mit der Frage nach einer Bebauung beschäftigt und diese stets abschlägig beschieden. Aktuell wurde das Thema erst wieder nach der Amtsübernahme von Oberbürgermeister Kissel…
Schon der Name ist Etikettenschwindel. Die Stadt Worms plant ein neues Baugebiet „Am See“ im Wormser Stadtteil Weinsheim. Das klingt auf einem Hochglanzprospekt natürlich besser als „An der Bahn“, denn die Bahnstrecke Worms-Mannheim liegt ebenso nah wie der See, an dem es sich gewiß ganz gut wohnen lässt. Tatsächlich ist die Lage am See wirklich traumhaft und falls das neue Baugebiet entsteht, dann sollen die potentiellen neuen Nachbarn über einen Steg ebenfalls Zugang zum See erhalten. Und weil das alles so paradiesisch, ruhig und naturbelassen ist, lassen sich hier überwiegend Leute mit Geld nieder.
Aus gutem Grund, denn für manche Grundstücke mussten die Eigentümer mehr Geld bezahlen als andernorts für Bauplatz UND Haus. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich ja, dass Oberbürgermeister Michael Kissel - ganz in seiner Rolle als Sozialdemokrat aufgehend - auf einer lockeren Feier einmal die Bezeichnung „Millionärs-Ghetto“ für das Wohngebiet am Weinsheimer See gebraucht hätte. Anwohner vom See, die den Lapsus gehört haben, empören sich noch heute darüber. Denn Parteizugehörigkeit hin oder her – in erster Linie sollten Gutverdiener ja eigentlich die besten Schäfchen eines Oberbürgermeisters sein, sichern diese ihm doch die entsprechende finanzielle Grundlage, um seine politischen Vorhaben umsetzen zu können. Wie groß jedoch manchmal die Vorbehalte gegenüber Gutverdienern sind, zeigt ein anderes Beispiel. So musste Grünen-Fraktionschef Kurt Lauer erst seine eigenen Leute überzeugen, weil die sich schwer damit taten, Partei zu ergreifen für „Millionäre“. Mit dem Argument: „Aber hier soll eine Stück schützenswerte Natur zerstört werden und deswegen ist es schon wieder ein klassisches grünes Thema“, soll Lauer seine Parteifreunde doch noch überzeugt haben.
Wirft man einen Blick zurück in der Historie, stellt man fest, dass im Laufe der letzten Jahrzehnte schon des Öfteren Versuche unternommen worden waren, eine weitere Bebauung in eben jenem Gebiet zu forcieren. Es haben sich auch schon Gerichte und verschiedene Stadträte mit dieser Frage beschäftigt. Das Ergebnis war stets das Gleiche: Eine weitere Bebauung wurde abgelehnt. Erst unter der Amtszeit von OB Kissel wurde das Thema wieder hervorgeholt. Die Ironie des Schicksals will es so: Ausgerechnet Kissel, der einst das „Millionärs-Ghetto“–Zitat geprägt haben soll, will nun dort eine Bebauung vorantreiben. Aber warum?
BESTEHT EIN ÖFFENTLICHES INTERESSE?
Wenn SPD und CDU ihre Pläne verteidigen, werden sie wohl stets an einer Frage scheitern: „Besteht ein öffentliches Interesse an der Schaffung von neuem Wohnraum im Plangebiet „WEI 7“? Wohl kaum, denn die demografische Entwicklung spricht eher für ein Sinken als für ein Ansteigen der Einwohnerzahl, bereits jetzt sind in Worms eher Leerstände als Wohnungsnot zu beklagen und außerdem gibt es auch im Innenbereich noch genügend brach liegende Bauflächen, die einer geeigneten Bebauung zugeführt werden könnten.
Warum man dann also weit außerhalb vom Ortskern von Weinsheim (und selbst das liegt ja schon „außerhalb“) ein neues Fass aufmachen und eine weitere „Zersiedelung“ betreiben will, erschließt sich erst mal nicht. Bezeichnend für die Widersprüchlichkeit von Rot-Schwarz in dieser Frage ist die Tatsache, dass man bereits in der Koalitionsvereinbarung festgelegt hatte, dass eine Änderung bzw. Fortschreibung des Flächennutzungsplan nach dem Prinzip „Innen- vor Außenentwicklung“ erfolgen solle. In der gleichen nach der Kommunalwahl getroffenen Vereinbarung vom Juli 2009 beschloss man jedoch auch die Bebauung des Plangebiets WEI 7 „Am See“. Das jedoch befindet sich in einem Außenbereich, der so weit außerhalb liegt, dass noch nicht einmal eine Buslinie dort verkehrt und bei einer Ansiedlung zusätzliche Kosten für den Steuerzahler entstehen würden, weil Kinder in die nächstgelegene Schule in Horchheim transportiert werden müssten.
WAS SPRICHT KONKRET GEGEN EINE BEBAUUNG?
Das geplante Baugebiet gliedert sich in drei unterschiedliche vorgeprägte Bereiche.
Der westliche Bereich am „Niedesheimer Pfad“ hat sich in den letzten 25 bis 30 Jahren zu einem lokal bedeutsamen, artenschutzrelevanten Biotop mit einer unterschiedlichen Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Diese Fläche nimmt ca. ein Drittel des Plangebietes ein und wurde 2006 im Rahmen der in Rheinland-Pfalz vorgenommenen Biotopkartierung als „schutzwürdiger Biotop“ aufgenommen. Ende 2008 protestierten die Umweltverbände NABU, BUND, POLLICHIA und der Fachbeirat Naturschutz der Stadt Worms mit schriftlichen Einlassungen gegen die Bebauungsplanung. Im Planungsgebiet konnten von Fachleuten insgesamt 45 Vogelarten nachgewiesen werden. Davon wurden 36 als potenzielle Brutvogelarten im Gebiet eingestuft. Von den 36 Brutvogelarten stehen 8 Arten deutschlandweit auf der Vorwarnliste zur Roten Liste, in Rheinland-Pfalz gelten 3 Arten als gefährdet, 1 der bodenständigen Arten gilt nach dem Bundesnaturschutzgesetz als streng geschützt, alle übrigen Arten sind nach dem Gesetz pauschal besonders geschützt. Neben den festgestellten Vogelarten gibt es mindestens vier streng geschützte Tierarten im Gebiet: Die Zauneidechse und die Erdkröte und voraussichtlich zwei Fledermausarten, den Großen Abendsegler und die Zwergfledermaus. Wahrscheinlich gibt es auch noch andere Vorkommen streng geschützter Arten nach dem Naturschutzgesetz. Es wurden weitere Untersuchungen empfohlen, da von den Anwohnern noch andere geschützte Vogelarten und Reptilien beobachtet wurden.
Der mittlere Bereich des geplanten Baugebietes hat sich zu einer Gewerbebrache entwickelt, da notwendige Investitionen durch den Eigentümer trotz Mieteinnahmen unterblieben sind. Er wurde als Schrottverwertungsplatz genutzt und muss noch auf Altlasten untersucht werden, da auf Grund der jahrelangen Schrottverwertung eine Bodenverunreinigung nicht auszuschließen ist.
Der östliche Bereich ist mit ca. 2,5 Hektar der flächenmäßig größte, wird überwiegend landwirtschaftlich genutzt und liegt unweit von der stark frequentierten Bahnstrecke Worms-Mannheim. Die dortigen Lärmbelästigungen sind so erheblich – nach Berechnungen eines Schallgutachtens und Abzügen von 5 Dezibel ist tagsüber mit bis zu 65 und nachts mit bis zu 68 Dezibel zu rechnen – dass in nicht vertretbarer Weise die verfassungsrechtliche Schwelle der Gesundheitsgefährdung überschritten wird.
EINE BEBAUUNG WURDE DURCH STADTRAT UND GERICHTE STETS ABGELEHNT
Aber es sind nicht nur die demografische Entwicklung, die Zersiedelung der Landschaft, die mangelnde Anbindung oder der Schutz natürlicher Lebensräume für Flora und Fauna, die gegen eine Bebauung von „WEI 7“ sprechen. Seit gut drei Jahrzehnten war eine Bebauung in diesem Gebiet immer mal wieder Thema. Als die Waveren Saaten GmbH als Nachfolger des bekannten Saatzuchtbetriebes der Familie A. Haubner in Weinsheim am Viehweg 1979 Gebäude und westlich gelegene Freiflächen ihres Grundstücks an einen Architekten und einen Steuerberater verkauft hatte, hatten die neuen Eigentümer nur ein Ziel vor Augen: Das günstig erworbene Gelände von ca. 2 Hektar einer Wohnbebauung zuzuführen. Seinerzeit hatte zunächst der Ortsbeirat, später auch der Stadtrat etwas dagegen, da sich beide aus städtebaulicher Sicht der gewünschten Bebauung im Außenbereich widersetzten. 1988 verkaufte die Firma van Waveren zu relativ niedrigen Kaufpreisen von 10.- bzw. 6.- DM/qm ein weiteres östlich gelegenes 2,5 Hektar großes Ackergelände. Auch für dieses Gebiet wollten Käufer eine Wohnbebauung durchsetzen. Dies wurde jedoch sowohl in der Amtszeit von Oberbürgermeister Wilhelm Neuss sowie auch später unter Gernot Fischer abgelehnt, zumal sich auch der Stadtrat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gegen die Zersiedelung im Außenbereich der Stadt Worms ausgesprochen hatte.
Im Laufe der Jahre wurden von den fünf Grundstückbesitzern des inzwischen 4,5 Hektar großen Gebietes immer mal wieder Bebauungswünsche an die Stadt gerichtet, die in mehreren Prozessen erfolgreich abgewiesen wurden. Das letzte Urteil in dieser Sache stammt aus dem Jahr 1998 vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Trotzdem stellte der Ortsbeirat Weinsheim im Jahr 2000 den Antrag, einige Teilflächen des Geländes zu bebauen. Dies lehnte das Bauamt jedoch ab, da die Ortsgemeinde Weinsheim mit den Neubaugebieten „In den Neunmorgen“ und „Am Burgweg“ bereits große Bauflächen erhalten hatte. Für die Ausweisung weiterer Areale bestand daher keine
Notwendigkeit mehr, zumal der quantitative Flächenverbrauch nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben unbedingt eingeschränkt werden musste. Aber warum sind Ortsbeirat und vor allem Ortsvorsteher so erpicht darauf, ständig neuen Wohnraum im eigenen Ort zu schaffen? Eine einfache, wenn auch plausible Erklärung könnte sein, dass die Bezüge eines Ortsvorstehers an die Einwohnerzahl gekoppelt sind und einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Altersversorgung haben, sofern dieser mehr als 10 Jahre im Amt ist.
MIT KISSEL KAM DIE „WENDE" FÜR WEI 7
Nachdem Oberbürgermeister Michael Kissel im Jahr 2003 gewählt wurde, änderte sich plötzlich die politische Sichtweise, was eine Bebauung in „WEI 7“ angeht. Denn am 07.07.2005 befürwortete der Bauausschuss völlig überraschend mehrheitlich die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Plangebiet Weinsheim „Am See“, Flur II. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit stimmte der Stadtrat am 21.09.2005 der Aufstellung zu. Anscheinend ermutigt von dem politischen Umschwung in dieser Sache, wollte ein Eigentümer kurz vor Weihnachten 2006 vollendete Tatsachen schaffen, in dem er eine Baumfällungsaktion startete und begann, das Biotop und damit den Lebensraum vieler Tiere zu zerstören, was nur durch den beherzten Eingriff engagierter Anwohner verhindert werden konnte. Diese illegale Rodungsaktion hatte nun wieder die Anwohner am See aufgeschreckt, die mit Unterstützung der Grünen heftig protestierten. Im Mai 2007 empfahl die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd der Stadt Worms, die Flächenausweisungen von Biotop und Ackergelände, d.h. mehr als zwei Drittel des Plangebiets, zu überdenken und diesen Bereich nicht weiter zu entwickeln. In der landespflegerischen Beurteilung wurden diese als „nicht geeignet“ eingestuft und bei der städtebaulichen nur als „bedingt geeignet“.
Da die städtischen und politischen Gremien der Stadt Worms über zwei Jahrzehnte die gleiche Ansicht vertreten hatten, rechneten die Anwohner nun mit einer Planänderung durch den zuständigen Baudezernenten, Oberbürgermeister Kissel. Doch weit gefehlt, denn der betrieb – ungeachtet der gegenteiligen Empfehlungen – die Planungen unvermindert weiter. Spätestens als die Landesregierung Rheinland-Pfalz am 14.10.2008 ein neues Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) verordnete, das die Reduzierung der zu hohen Flächeninanspruchnahme vorsieht und der Innenentwicklung der Gemeinden ein Vorrang vor der Außenentwicklung einräumt, hatten die Anwohner einen Rückzug des OB in dieser Sache erwartet. Denn für das Plangebiet „WEI 7“ werden die Grundsätze und Ziele des Landesentwicklungsprogramms IV, das von einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung ausgeht, nicht eingehalten, zumal die Stadt Worms im Vergleich zu anderen Gemeinden in den zurückliegenden Jahren schon zu viele Wohnbauflächen ausgewiesen hatte.
SPD UND CDU BOXEN DAS PROJEKT IM STADTRAT DURCH
Am 30. Juni 2010 machte der Wormser Stadtrat den Weg frei für eine Bebauung am Weinsheimer See. Mit den überwiegenden Stimmen von SPD und CDU beschloss man, den Flächennutzungsplan von „WEI 7“ zu ändern, diesen zusammen mit dem Plan mit dem Bebauungsentwurf öffentlich auszulegen, damit Bedenken oder Einwände geltend gemacht werden können. Ebenso wie die Anwohner sind auch die kleinen Parteien im Stadtrat gegen das Projekt, konnten aber mal wieder wenig gegen die rotschwarze Übermacht ausrichten. Die Grünen sind dagegen, weil sie viele Tierarten gefährdet sehen und ein schützenswertes Bioptop Schaden erleiden würde. Karl Müller (FWG Bürgerforum) schlug in die gleiche Kerbe und bezeichnete das Baugebiet in der Stadtratssitzung als „städtebauliche Fehlentwicklung“, für Architekt Migges Glaser von der FDP ist dies die „denkbar ungünstigste Stelle für eine städtebaulich verträgliche Erweiterung“. Sein Parteikollege Uwe Radmacher, der sich aus „politisch hygienischen Gründen“ nicht an der Abstimmung beteiligt hatte, weil ihm als Anwohner eine gewisse Befangenheit hätte nachgesagt werden können, forderte zuvor noch die CDU auf, nicht zuzustimmen.
Jedoch umsonst. Denn trotz „großen Bauchschmerzen“ bei Dezernent Hans Joachim Kosubek und eines – laut Dr. Klaus Karlin – „langen Abwägungsprozesses“ stimmte die CDU dann doch zu und brachte die Stadt, den Ortsbeirat Weinsheim und den Investor einen Schritt weiter in Richtung Bebauung, auch wenn man noch längst nicht am Ziel angekommen ist. Denn die Anwohner wollen sich noch nicht geschlagen geben. Gegen die Beschlüsse des Stadtrates konnten vom 19.07. bis einschließlich 20.08.2010 Stellungnahmen abgegeben werden. Dem folgten die Anwohner „Am Viehweg“ und „Am See“ und haben sehr umfangreich sachlich und rechtlich fundierte Belange geltend gemacht. Die Einwendungen liegen uns vor und sehen kurz gefasst folgendermaßen aus: Die Belange des Artenschutzes werden ausführlich behandelt. Durch die geplanten Eingriffe, z.B. Straßenbau durch das Biotop, werden besonders und streng geschützte Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich gestört, verletzt oder gar getötet. Das wären eindeutige Verstöße gegen die Naturschutzgesetze. Mit einem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Gesetz kommt dem Schutz des Außenbereichs vor Bebauung eine verstärkte Bedeutung zu.
WELCHE INTERESSEM WERDEN VERTRETEN?
Unnötige Eingriffe in die Natur und die Tatsache, dass eigentlich überhaupt keine Notwendigkeit besteht, in einem völlig abseits gelegenen Gebiet eine weitere Zersiedelung zu betreiben, verpassen dem Projekt „WEI 7“ von Anfang an nicht die besten Referenzen. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass die Entscheidung für eine Bebauung in erster Linie mit Profitinteressen zu erklären ist. Dass man Oberbürgermeister Kissel nachsagt, privat sehr gut mit dem Investor - dem Rechtsanwalt Dr. Zahn, dem auch 0,25 Hektar von insgesamt 4,5 Hektar des Plangebietes gehören - befreundet zu sein, ist zwar rechtlich nicht zu beanstanden, aber wäre zumindest eine Erklärung, warum man die Bebauungspläne nach so langer Zeit wieder aus der Mottenkiste geholt hat. Zahns Firma, die Profecto GmbH, die als privater Investor und Bauträger für das geplante Projekt auftritt, wurde übrigens am 16.08.2005 gegründet, also knapp vier Wochen, bevor der Stadtrat am 21.09.2005 der Aufstellung eines Bebauungsplans zugestimmt hatte.
Es ist also davon auszugehen, dass da jemand schon mehr wusste als der Rest der Bevölkerung. Sieht man sich übrigens die Bilanzen der Firma Profecto aus den letzten Jahren an, stellt man fest, dass das Unternehmen – vorsichtig ausgedrückt – ein wenig „schwach auf der Brust ist“. Ein Jahresfehlbetrag von 5364.- Euro bei einem Verlustvortrag von 44.374.-Euro und ein negatives Eigenkapital ( – 20.079.- Euro) zum 31.12.2008 sprechen nicht gerade für einen „potenten Bauträger“. Das würde gerade noch fehlen, wenn dem Investor und Bauträger von „WEI 7“ mittendrin die Luft ausgehen würde und die Stadt einspringen müsste.
NATURSCHUTZ NUR ALS LIPPENBEKENNTNIS?
Um aber auf die eingangs erwähnte „Millionärs-Debatte“ zurückzukommen. Jetzt werden sich sicherlich viele Leser fragen, ob da plötzlich ein paar Gutverdiener ihr Herz für Natur und Umwelt entdeckt haben, so wie das Investor Zahn den Anwohnern in der Wormser Zeitung vorwarf und ihnen unterstellte, mit gefälschten Bildern von seltenen Tieren zu operieren. Dabei sind die Anwohner gar nicht gegen eine generelle Bebauung, denn gegen eine Beseitigung der Gewerbebrache im mittleren Bereich des Plangebietes, dort wo zuletzt der Schrottverwertungsplatz angesiedelt war, hätten die Anwohner gar nichts einzuwenden. Hier könnten bis zu 15 Einfamilienhäuser entstehen, so wie dies auch die Struktur- und Genehmigungsdirektion des Landes empfohlen hatte.
Aber die klare Forderung der Anwohner lautet: Die übrigen ca. 3,5 Hektar großen Wald- und Ackerflächen sollten, weil nachhaltiger mit den vorhandenen Ressourcen und der Natur umgegangen werden muss, nicht bebaut werden, schließlich hatten die Vereinten Nationen 2010 zum Internationalen Jahr der Artenvielfalt erklärt, und alle sind aufgerufen, den Artenverlust vor der eigenen Haustür zu stoppen. Somit greift der Vorwurf, die Anwohner wollten „unter sich bleiben“ schon mal nicht mehr, die geäußerten Bedenken hinsichtlich der Zerstörung von schützenswerter Natur scheinen zumindest ehrlicher als das Umweltbekenntnis der Stadt Worms. Denn die hat sich im Mai 2010 der Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ angeschlossen, und deren Ziele stehen in genauem Gegensatz zu dem, was mit der Umsetzung der Planungen für „WEI 7“ geschehen würde.
Dass die Stadt Worms sich zur Natur und zur Umwelt bekennt, dürfte mal wieder ein typisches Lippenbekenntnis sein, das sich bei näherer Betrachtung als reine Luftnummer entpuppt. In der Deklaration steht u.a. „Der Einsatz für den Erhalt der biologischen Vielfalt ist für Städten und Gemeinde eine aktuelle Herausforderung und hat für die unterzeichnenden Kommunen eine hohe Bedeutung bei Entscheidungsprozessen“. Im Falle der Stadt Worms könnte man einhaken: Außer bei „WEI7“.
(Quelle: http://www.wo-magazin.de/)