Nibelungenkurier 15.09.10
Grüne wollen Neubaugebiet am Weinsheimer See stoppen
Im Schulterschluss mit den Anwohnern möchte die Öko-Partei die bereits im Stadtrat beschlossene Erweiterung verhindern
Im nördlichen Bereich des Weinsheimer Sees, wo sich jetzt die alte Ziegelei und ein Acker befinden, plant ein Investor den Bau von rund 30 exquisiten Häusern. Foto: Archivbild UR
Von Gernot Kirch Im Stadtrat wurde die Bebauung im nördlichen Bereich des Weinsheimer Sees bereits im Juni diesen Jahres mit Mehrheit beschlossen. Hier soll auf rund 4,5 Hektar von einem Investor eine kleine Siedlung mit 30 bis 35 Häuser für gehobene Wohnansprüche, also ein Villen-Viertel, entstehen.
Dagegen gestimmt hatten im Juni die Grünen, die FWG und die FDP. Umstritten war das Projekt in der CDU, die sich letztlich jedoch mehrheitlich dafür entschieden hatte. Die SPD sprach sich ebenfalls für die Bebauung aus.
Damit ist das Thema jedoch nicht vom Tisch, sondern geht in die nächste Runde. Einen engen Schulterschluss haben dabei die Grünen mit der Eigentümergemeinschaft der Bewohner am See vorgenommen. Beide Gruppierungen sprechen gegen eine weitere Bebauung aus und hatten am Montag zu einer gemeinsamen Pressekonferenz geladen.
Kurt Lauer von den Grünen erläuterte hier, warum seine Partei sich für den Stopp aller Planungen ausspreche. An oberster Stelle stehe der Artenschutz. So müsse man das geplante Baugebiet in drei Abschnitte teilen, die etwa gleich groß seien. Dies seien ein kleines Wäldchen, eine Ackerfläche und eine alte, nicht mehr genutzte Ziegelbrennerei. Besonders in dem Wäldchen gebe es eine Fauna, die unbedingt geschützt und erhalten werden müsse. Dabei handele es sich etwa um Zauneidechsen, Grünspechte, Grauspötter und Goldamseln.
Ein weiteres Argument, das gegen die Bebauung spreche, sei der Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenerweiterung" der Stadt. Was bedeute, dass zunächst Flächen innerhalb der Stadt erschlossen, bzw. bereits bestehendes Bauland genutzt werden solle. Bedenklich sei für Kurt Lauer auch die unmittelbare Nähe des geplanten Baugebietes zu den Bahngleisen, was für potentielle Bewohner eine Geräuschbelastungen bedeute, die weit über der gesetzlichen Norm läge. Mit einem kleinen Seitenhieb deutete Lauer auch an, dass OB Kissel ein enges Verhältnis zum Investor nachgesagt werde.
Die Grünen und die Anwohnergemeinschaft haben gegen die Bebauung nun Widerspruch eingelegt, sodass die Thematik im Bauausschuss erörtert werden muss. Bodo Ernst, einer der Sprecher der Anwohner, machte gegenüber dem NK deutlich, dass man im Falle einer Ablehnung des Widerspruchs sofort vor ein ordentliches Gericht ginge und sich hier sehr gute Chancen ausrechne. So präsentierte er das Schreiben einer renommierten Anwaltskanzlei aus Köln, die sich auf Prozesse im Baurecht spezialisiert habe. Hierin hätten die Anwälte ausführlich zum Schutz der Artenvielfalt, dem fehlenden Schallschutz, der drohenden Zersiedelung und weiteren Themen Stellung bezogen. All dies spräche gegen eine Bebauung.
Auf die Frage, ob die Anwohnergemeinschaft die Argumentation wie etwa Artenschutz nicht nur vorschiebe, um weiterhin ungestört an einem herrlichen Badesee wohnen zu können, antwortete Ernst, dass es vielleicht den einen oder anderen gäbe, der so denke, es ihm aber nur um den Umweltschutz gehe.
Eine Gefahr, die auch thematisiert wurde, war die Möglichkeit, dass der Investor es gar nicht durchhalte, teure Villen im Stückpreis zu etwa 600.000 Euro zu errichten und das Areal stattdessen mit "gewöhnlichen" Mietshäusern bebaut würde. Damit wäre natürlich, was allerdings nicht explicit geäußert wurde, die Exklusivität des Wohngebietes Weinsheimer See dahin.
Lauer und Ernst aber machten auch deutlich, dass es nicht nur ein "Entweder - oder" gäbe, sondern auch ein Kompromiss möglich sei. So wäre es denkbar, dass im Bereich der alten Ziegelbrennerei gebaut würde, während mit der Ackerfläche und dem Wäldchen zwei Naturräume erhalten blieben. Denn das Gelände auf dem dem die Ziegelei stehe, sei ja mehr oder weniger bereits bebaut, so Lauer.
In einer ersten Stellungnahme der SPD wies diese die Vorwürfe von Kurt Lauer gegenüber OB Kissel empört zurück. Dies sei "niederträchtig", es würde aber dem Stil Lauers entsprechen, den Oberbürgermeister zu "verunglimpfen". Auch würde das Verfahren bereits seit 2005 betrieben und sei transparent für jedermann. Die Aspekte von Natur- und Artenschutz seien ebenfalls berücksichtigt und von einem unabhängigen Gutachter bewertet worden. Weiterhin wies die SPD daraufhin, das die Erschließung vollständig vom Investor getragen würde und die Stadt keinen Cent koste.
(Quelle: Nibelungenkurier)